Wenn der Sohn dem Vater die Stirn bietet

Wie gehe ich mit rebellischen Teenagern um?

Für viele Eltern ist die Pubertät der Kinder eine riesige Herausforderung. Zum einen führen Meinungsverschiedenheiten oft dazu, dass richtig die Fetzen fliegen. Zum anderen manifestiert sich in dieser Zeit häufig die Angst der Eltern, ihre Kinder loszulassen. Und es fehlt uns einfach an Antworten und Weisheit – das führt zu Überforderung. Hier wird die Grundlage, die man in Kindheitstagen gebaut hat, so richtig auf den Prüfstand gestellt. Das ist wahnsinnig spannend – aber bietet auch so viele Chancen, unsere Kinder mit Zutrauen und Unterstützung für das Erwachsensein zu befähigen.

Was für mich total verblüffend war: ich habe drei Kinder mit dem gleichen Herzen erzogen. Und trotzdem reagiert jedes komplett anders darauf. Beim einen Kind läuft alles butterweich – das andere ist hingegen komplett auf Krawall gebürstet. Mit unserem ersten Sohn Marvin gab es überhaupt keine Probleme. Aber bei unserem zweiten Sohn, Micha? Ich sag euch, da gab es viele Konflikte und große Herausforderungen.

Gleich vorweg: ich habe Micha gefragt, ob ich so offen in diesem Blog über unser gemeinsames Training schreiben darf und er hat mir die Erlaubnis gegeben.

Die ständigen Reibereien gehen an meine Substanz!

Micha hatte die Kugelfisch-Taktik: Wenn ich ihn auf was ansprach – Bumm, Explosion. Und Stacheln raus. Das hat in mir immer ein ganz großes Gefühl der Unsicherheit ausgelöst, das ich mir aber als Vater nicht anmerken lassen wollte. Und wenn dein Sohn dann noch so exzellent argumentieren kann, wie mein Micha? Das ist nicht ohne! Diese Reibereien und Streitgespräche gingen so richtig an meine Substanz – und haben mich auch ganz schön mit mir selbst konfrontiert. Aber durch ihn bin ich am meisten gewachsen. Gerade in meiner Hilflosigkeit, Überforderung und dem Ringen nach guten Antworten.

Wer Feuer mit Feuer bekämpft, verliert

Es ist so leicht, dass du dir das Herz rauben lässt. Wenn du Ablehnung, Streit, furchtbare Widerworte von deinem eigenen Kind erfährst, dann rüttelt das gewaltig. Für mich war es ein richtig hartes Training, mein Herz davor zu bewahren, bitter oder distanziert zu werden. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn der Zorn in dein Herz fällt und du deinem Kind dann genau so begegnest. In solchen Momenten zu signalisieren: „Ich hab dich trotzdem lieb“ – das hat echte Power. Aber es kostet auch richtig viel, denn du steckst immer wieder Schläge ein. Lass dich nicht zum Zorn reizen.

Es gab einen Moment mit Micha, der richtig eskaliert ist. Wir standen in der Küche und eine große innere Distanz trennte uns voneinander. Wir hatten in den letzten Monaten wenig Kontakt miteinander und Kirstin hatte in dieser Zeit einen besseren Zugang zu ihm als ich.

Ich wollte, dass er sich nützlich macht und sagte einfach nur: „Geschirrspüler – jetzt!“. Da bäumte er sich vor mir auf, hat mich richtig bedroht. „WAS WILLST DU?“. Dieser körperliche Widerstand mir gegenüber machte mir klar: Jetzt überschreitet er eine Grenze und ich muss reagieren. Aber ich hatte keine Ahnung, wie. Ich tastete mein Waffenarsenal ab und da war nur gähnende Leere. Hilflosigkeit, Verzweiflung, Zorn, Verletztheit überkamen mich.

In mir hat es gekocht. Ich sagte nur, dass wir noch darüber sprechen würden und ließ ihn stehen. Kirstin fragte mich, was passiert sei und ich konnte mich überhaupt nicht mehr beruhigen: „Jetzt ist er echt zu weit gegangen. Beim nächsten Mal wird es heftig!“. Da sagte Kirstin etwas unglaublich weises zu mir: „Rede erst mit Gott darüber, bevor du reagierst.

Was denkt Gott über deine Kinder?

Was für ein wertvoller Gedanke. Ich nahm mein Schreibzeug und besprach diese Sache mit Gott. Und wieder sagte Gott zu mir: „Mein Sohn, stell mir Deine Fragen.“ Und die schrieb ich dann auf. Gott gab mir auf jede meiner Fragen Antworten und schenkte mir eine solche Liebe und Verständnis für meinen Sohn. Gott erinnerte mich daran, wie er mit mir umgegangen ist, als ich im gleichen Alter mindestens genauso schlimm drauf war, wie Micha.

Dann hatte ich ein Gespräch mit Micha, in dem ich ihm vorlas, was Gott mir über ihn gesagt hatte. Hier bekam er die Chance sehr ehrlich zu erleben, wie ich mich fühle in diesem Konflikt; dass ich meine Fragen zu Gott trage und er erfuhr, wie wunderbar die Gedanken Gottes über ihm sind.

Micha sagte nicht viel nach diesem Gespräch, aber in seinem Herzen hatte sich etwas Wunderbares getan. Wäre ich ihm in seiner Provokation mit Zorn begegnet, hätte es vielleicht Schäden für die Ewigkeit in unserer Beziehung angerichtet.

Ich bin so dankbar für den weisen Rat meiner wunderbaren Frau. In den richtig schweren Zeiten sagte Kirstin immer wieder: „Dieser wunderbare, so positive Micha, der er als kleiner Junge war, der ist da immer noch drin. Man sieht ihn nur im Moment nicht.“ Und Recht hatte sie!

Du bist in deinen Kämpfen nicht allein. Deine Frau und du, ihr seid ein Team! Und Gott liebt es, euch immer wieder Liebe, Trost und Weisheit für eure Kinder zu geben!

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

So sehr Micha und ich uns auch aneinander gerieben haben, so oft habe ich mir auch gedacht: Ich habe Verständnis für ihn! Schule war nie mein Ding. Mädels, Party und was es da sonst noch so gab, das war meine Welt. Als ich gesehen habe, wie ähnlich Micha und ich uns darin sind, konnte ich nicht anders, als mitfühlen. Und das war ein richtiger Gewissenskonflikt, in dem ich einfach nur sagen konnte: „Halte durch! Augen zu und durch!“. Es ist wichtig, sich in dieser spannungsreichen Zeit mit Verständnis zu seinem Kind zu stellen und die Nähe des Herzens zu behalten. Ein Vertrauter auf der Reise ins Erwachsenwerden zu sein und kein Feind.

Gebe ich meinem Kind den Raum, den es braucht?

Als Micha seinen Führerschein hatte, machten wir gemeinsam eine kleine Spritztour. Und wenig überraschend fragte er mich direkt mit seiner sehr fordernden Art, ob er das Auto am selben Abend haben könne. Unsere ständigen Konflikte im Hinterkopf tragend löste das überhaupt keine Freude aus. Was fällt ihm ein? Marvin musste doch auch erst einmal warten? Dann fiel mir in genau diesem Moment eine sehr ermutigende Geschichte von John Eldredge ein, die eine so wichtige Aussage hat:

„Auf der Farm des Großvaters war ein großer Bulle abgehauen. Der Großvater sagte seelenruhig zu dem noch sehr jungen John: Sattle das größte Pferd und hol dir diesen Bullen. John war extrem herausgefordert – doch dann schreibt er: An diesem Tag holte ich mir den Bullen und ich wurde zum Mann. Mein Großvater hat mir das zugetraut.“

Du darfst deinem Kind etwas zutrauen! Gott sei Dank kam mir diese Story in den Sinn, denn dieses Zutrauen hat richtig viel in Micha ausgelöst. Es gibt für dein Kind nichts Größeres als zu wissen: Mein Papa traut mir etwas zu! Also sprang ich über meinen Schatten, gab ihm voller Vertrauen das Auto und war mit dem Resultat in unserer Beziehung sehr zufrieden.

Die Pubertät ist eine Zeit, in der sich deine Kinder auch mal zurückziehen. Das heißt nicht unbedingt, dass sie dich ablehnen. Es ist eine Zeit des Freischwimmens. Das ist für die ersten selbstbestimmten Schritte so essenziell. Hier ist deine Bereitschaft wichtig: „Ich bin da, wenn du etwas brauchst“. In diesen Momenten greifst du auf das Fundament zurück, das du in Kindheitstagen aufgebaut hast.

Wenn Väter und Kinder Freunde werden

Was sprichst du über dein Kind aus? Wer sich ständig sagt, dass die Pubertät eine furchtbare Zeit wird, die Kinder unerträglich werden und man nur im Clinch liegt, der wird nichts anderes erfahren. Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung. Weißt du, was passiert, wenn du das Gegenteil aussprichst? Deine Kinder werden zu echten Persönlichkeiten und eure Freundschaft kann und wird auch durch diese spannende Zeit wachsen! Wie klingt das zur Abwechslung?

Wenn du selbst mit deinen Kindern kämpfen musst oder das Gefühl hast, aus einer festgefahrenen Situation nicht mehr herauszukommen, dann möchte ich dir zum Schluss eine Sache zusprechen: Lass dir die Hoffnung für dein Kind nicht stehlen. Für Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Gott wird auch aus diesen Krisenmomenten etwas unglaublich Wertvolles hervorbringen, wenn Du ihm vertraust und nicht ängstlich oder gesetzlich wirst. Denn Gesetz führt in Rebellion und Gnade befähigt!

Wenn aus Rebellion Rückgrat wird

Mein großer Aha-Moment mit Micha war während unserer einmonatigen Family-Kalifornien-Reise. Nachdem wir lange sehr wenig miteinander zu tun hatten, waren wir nun vier Wochen jede Stunde zusammen unterwegs. Dort habe ich ihn mit ganz neuen Augen sehen dürfen und war total begeistert von diesem jungen Mann: er übernahm Verantwortung, war zuvorkommend, dachte mit und war so hilfsbereit. Das hat mich echt aus den Socken gehauen. Aus unserem bockigen, rebellischen Micha, mit dem es so oft Krach gegeben und der mich so an meine Grenzen gebracht hat, ist ein echter Mann mit Rückgrat und einem wunderbaren Charakter geworden. Mein Sohn, den ich extrem liebe und auf den ich mächtig stolz bin.

Egal wo du gerade mit deinen Kindern stehst: ich wünsche dir viel Weisheit, Kraft und Segen. In Gemeinschaft, aber auch in Konflikten. Und vergiss nicht, dass Gott, der Schöpfer deines Kindes, dir so gern seine Weisheit gibt, um nach seinem Herzen mit ihm umzugehen und es zu befähigen. Aber fragen musst du ihn dafür schon. Wem Weisheit mangelt, der bitte Gott, denn er gibt sie so gern dem, der darum bittet.

Schreib gern einen Kommentar dazu, wo du gerade mit deinen Teenagern dran bist und was euch in eurer Beziehung wirklich geholfen hat. Damit kannst auch du andere Väter ermutigen, das Beste in ihren Kindern hervorzurufen.

Herzliche Grüße, Dein
Dirk

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